Ich befinde mich auf dem Rückweg im Zug von Würzburg vom 33. Hirntumor Informationstag der Deutschen Hirntumorhilfe. Ich weiss gar nicht mehr der Wievielte es mittlerweile ist, den ich schon besuchte, es war das 3. Mal das ich jetzt nach Würzburg reiste, Würzburg war damals mein erster Infotag und an diesem Tag hatte ich damals auch Eric Baumann kennen gelernt der mittlerweile am Glioblastom verstorben ist, sein Buch einen Sommer noch steht bei mir Zuhause im Bücherregal und an ihn wie auch an die vielen anderen verstorbenen denke ich immer besonders an diesen Tagen.
Die Reise zu diesen Infotagen hat beinahe schon etwas Rituelles, das Abendessen davor am Freitag abend mit den mittlerweile schon bekannten Gesichtern aus dem Forum, dann das hinreisen am Samstag, die Vorträge, die Sandwiches die ich diesmal weglassen musste wegen meiner ketogenen Ernährung.
Diesmal wurde mir so richtig bewusst wie gross der Graben ist zwischen den "frisch" Betroffenen die noch starr im Schockzustand im ersten Glioblastom-Jahr sind und wir "alten Hasen" die dann z.T. über die Stränge schlagen mit Spass haben, da die Diagnose zur Normalität geworden ist in den ganzen Jahren.
Das Bewusstsein, dass es nur für wenige zur Normalität werden wird ist mir dies Jahr plötzlich in die Knochen gefahren und hat mich innehalten lassen.
Auf dem Weg kommt mir jeweils meine Geschichte wieder hoch und die wird dann wie eine Erzählung in meinem Kopf abgespuhlt, die verschiedenen Stationen, begonnen Nov. 2007, dann der Versuch wieder normal zu leben was auch gelang mit arbeiten und allem was dazu gehört. Der Schlag ins Gesicht mit dem Rezidiv Ende Oktober 2010, die erneute OP mit Wundheilungsstörungen und die Schädelknochenentfernung Anfang 2011 mit den verbundenen Todesängsten und der Einsicht, dass das Thema Arbeit abgeschlossen ist.
Der körperliche Aufbau danach und die Lebensgesgaltung ohne Arbeit. Dann das zweite Rezidiv mit erneuter OP, das erste Mal körperliche Einschränkungen der linken Seite mit Verlust des Lagesinnes des Fusses.
Einen Vorteil hatte ich wohl,
ich habe immer gewusst was ich wollte, habe von Anfang an meine Therapie bestimmt, musste oft und muss immer noch gegen Ärzte kämpfen weil ich genau weiss welche Behandlung ich will, ich jedoch keine "Studien" vorweisen kann die die Wirksamkeit belegen kann. Ich habe ein gutes Bauchgefühl, dass ich aber oft erst kurz davor abrufen kann, ein Langzeit-Bauchgefühl gibt es bei mir nicht und da ich wandelbar bin und Abwechslung liebe, kann es auch sein, dass mein Bauchgefühl sich da je nach Situation plötzlich quer stellt wenn ich im Leben wieder mal eine Umstellung mache.
Der Zug erreicht um 14Uhr52 Basel, eine halbe Stunde später hat mich meine Familie wieder.
Am Montag ist es dann so kalt, dass ich nicht laufen gehen kann, also gehen wir einkaufen und danach gehe ich ins Fitness-Center und löse mein erstes halb-Jahres Abonnement. Am abend geht es schon los mit einer Stunde Spinning. Das heisst Fahrrad fahren in der Gruppe an Ort und Stelle zu Musik eine Stunde lang. Es sind spezielle Fahrräder mit Schwungrädern, das heisst einmal losgetreten kann man nicht einfach aufhören mit pedalen, da haut es dich aus dem Sattel, denn das Schwungrad dreht weiter. Der Widerstand lässt sich einstellen und die Instruktorin die vorne sitzt gibt jeweils an ob es jetzt bergauf geht (also Widerstand hoch) oder geradeaus dann wird Trittfrequenz erhöht. Ausruhen gibt es eigentlich die ganze Stunde nicht und ich frage mich schon nach 15 Minuten wann die Stunde fertig ist.... Mein Puls ist gefühlt viel zu hoch sobald der Widerstand erhöht wird, mir fehlt definitiv die Muskelmasse in denOberschenkeln... die zweite hälfte der Stunde absolviere ich im Sitzen da der Puls jetzt dauerhaft zu hoch ist (gefühlt), leider gibt es keine Pulsmesser).
Irgendwann habe ich das ganze doch überstanden, kein Hochgefühl einfach das Gefühl etwas "überlebt" zu haben... Also macht wohl nicht jeder Sport glücklich... dachte, dass die Endorphine da automatisch ausgeschüttet werden... lag wohl daneben.